Dienstag, 6. September 2016

Das Verkehrswertgutachten


Wie am Ende des letzten Posts geschrieben, hat die Rechtspflegerin des Vollstreckungsgerichts zur Wertermittlung der Immobilie, nach Ablauf der letzten Widerspruchsfrist nach § 30a ZVG, einen gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hatte den Auftrag bekommen ein Verkehrswertgutachten der zu versteigernden Immobilie zu erstellen.
Vom Vollstreckungsgericht wird der Eigentümer des Grundstücks sowie die Gläubiger benachrichtigt, wer der vom Amtsgericht beauftragte Sachverständige ist.
Dem Eigentümer wird innerhalb einer 14 tägigen Frist Gelegenheit gegeben, dem Gericht mitzuteilen ob man mit der Wahl des Gutachters einverstanden ist oder nicht.

Dieser gerichtlich bestellte Sachverständige wird nun mit dem Eigentümer versuchen einen Termin zur Besichtigung des Objekts zu vereinbaren.
Der Gutachter schlägt dann einen Termin zur Besichtigung vor und benachrichtigt ebenso die Gläubiger über diesen Termin. Er ist verpflichtet alle Parteien einzuladen und auch ihnen die Gelegenheit zu geben, am
Ortstermin teilzunehmen, andernfalls wäre dies ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit. Zwischen dem Brief mit dem Terminvorschlag und dem tatsächlichen Termin sollte mindestens 14 Tage zeitlicher Abstand liegen.

TIPP
Der Termin zur Ortsbesichtigung lässt sich auch verschieben, wenn man die Gründe der Hinderung vor Gericht und dem Gutachter glaubhaft machen kann. Wichtig dabei ist die rechtzeitige Beantragung der Terminverschiebung mit Belegen des Hinderungsgrundes. Ein bereits langfristig gebuchter Urlaub oder Kur, ein wichtiger Arzttermin oder ein Klinikaufenthalt oder auch ein wichtiger Termin bei einem Rechtsanwalt bzw. auch Todesfälle naher Angehöriger können Hinderungsgründe sein.

Idealerweise wird das Amtsgericht und der Gutachter von den Gründen unterrichtet, denn es könnte sein, dass die Nachricht den Sachverständigen nicht immer erreicht. Wenn das Amtsgericht mit einbezogen ist, sichert man sich selbst vor unangenehmen Überraschungen ab.
Wenn allerdings Nachweise nicht hinzugefügt und der Termin kurzfristig wiederholt verschoben wird, erweckt das den Anschein der Prozessverschleppung. Dann wird der Gutachter vom Gericht angewiesen den Termin auch ohne den Eigentümer durchzuführen.


Wichtig!
Grundsätzlich gilt, dass der Zutritt, zu dem zur Versteigerung ausgeschriebenen Objekts vom  Sachverständigen, nicht erzwungen werden kann.
Laut Grundgesetz  Artikel 13 Abs.1 ist die Wohnung unverletzlich, aus diesem Grund kann man von seinem Hausrecht Gebrauch machen und einen Zutritt auch auf sein Grundstück verwehren, dem der Sachverständige folge leisten muss.


Wenn der Gutachter allerdings kein Zutrittsrecht vom Eigentümer bekommt muss er einen Abschlag vornehmen, da er das Bewertungsobjekt nicht vollständig besichtigen konnte. Bei der Höhe des Abschlages kommt es ganz darauf an, wie der Sachverständige mit Ihrer Zurückweisung umgeht.
Es können Abschläge von rund 10% bis zu rund 30% des ermittelten Gebäudewertes sein.
Eine niedrigere Bewertung kann allerdings in manchen Fällen vorteilhaft sein, da, wenn man sein eigenes Objekt vielleicht durch Verwandte ersteigern lassen oder selbst  ersteigern will, der Versteigerungsbetrag geringer ausfällt als bei einem vielleicht „fair“ bewerteten Objekt. Aber es besteht auch das Risiko, dass Schnäppchenjäger die günstige Immobilie ersteigern wollen.


Meine Frau und ich haben in unserem Fall die Besichtigung des Hauses meiner Frau durch den Sachverständigen zugelassen und haben dem Besichtigungstermin angenommen.
Einen Fehler machten wir jedoch, denn wir haben bei diesem Termin keine fachkundige Person  oder Rechtsanwalt hinzugezogen.
Ein Jahr zuvor hatten wir versucht über eine Immobilienabteilung einer neutralen Bank das Objekt anzubieten, dabei wurde auch der Verkehrswert der Immobilie ermittelt.
Damals war das Objekt laut dieser Bank über 410.000,- Euro wert.
Als das Gutachten des vom Gericht bestellten Sachverständigen einem Diplom-Wirtschaftsingenieur uns ausgehändigt wurde war das gleiche Objekt jedoch „nur“ etwas über 310.000,- Euro wert. Hier zeigt sich, obwohl wir wohl gesonnen und neutral gegenüber dem Gutachter in dem Termin waren, wir jetzt schon einen Wertverlust von über 25 % hinnehmen mussten.
Interessanterweise war bei der Sachwertberechnung incl. des Bodenwerts der Preis der Immobilie abzügl. der Alterswertminderung sogar bei über 500.000,- Euro vom Gutachter gerechnet. Der niedrige Preis, der für den Verkehrswert des Grundstücks festgelegt wurde, beruhte nur auf den sogenannten Marktanpassungsfaktor von 0,64.
Auch in unserem Fall haben wir hier wieder einen Fehler gemacht, denn wir hätten das Verkehrswertgutachten auf jeden Fall anfechten sollen, denn der Marktanpassungsfaktor von 0,64 (der eigentlich willkürlich festgelegt wird) ist in unserer Gegend viel zu niedrig angesetzt.

Man sieht an solch kleinen Einzelheiten, dass der Schuldner in jedem Fall so stark benachteiligt werden soll, dass dieser nicht mehr handlungsfähig sein kann.

Noch ein Wort zum gerichtlich bestellten Sachverständigen.
Vom Vollstreckungsgericht sind dem Gutachter bestimmte Aufgabenstellungen vorgegeben, die man im Beschluss nachlesen kann. Sobald der Gutachter zuviel oder zuwenig tut, als auf dem Beschluss vorgegeben ist, kann er Gefahr laufen, vom Schuldner oder Gläubiger wegen Befangenheit abgelehnt zu werden. Aus diesem Grund muss der Sachverständige die Wert relevanten Tatsachen selbst ermitteln, andere Personen dürfen ihm nur zuarbeiten. Sobald sich der Gutachter von Dritten beeinflussen lässt und sich nicht neutral verhält, ist dies ebenfalls ein Grund ihn wegen Befangenheit abzulehnen.


Ein Verkehrswertgutachten sollte alle relevante Daten rund um das Objekt beinhalten. Es ist im Prinzip eine Beschreibung des zu veräußernden Objekts, wie ein Exposé für eine Immobilie.

Die wichtigtsten Angaben sind folgende:

1.) Angaben zum Bewertungsobjekt
2.) Grund- und Bodenbeschreibung
3.) Beschreibung der Gebäude- und Außenanlagen
4.) Ermittlung des Verkehrswerts

Das Verkehrwertgutachten des zu versteigernden Objekts ist sodann bei dem Vollstreckungsgericht einzusehen und liegt in den Zwangsversteigerungsterminen für Interessenten aus.


Im nächsten Post der Weg zum ersten Zwangsversteigerungstermin und welche Abwehrmöglichkeiten

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